Dienstag, 9. Juni 2015

Approbiationskunst von Marcel Duchamp und Ralph Ueltzhoeffer

In seinem letzten Buch ' Aesthetica und Anaesthetica", das bereits verstreut publizierte Aufsätze zur philosophischen Kunsttheorie versammelt, geht es ihm daher ganz im Geist dieser Kompensationstheorie um die Frage, warum der Eintritt in Aufklärung und Moderne vom Auftritt der philosophischen Ästhetik begleitet wurde, die, wie besonders deutlich bei Kant, im Übergang von der Wissenschaftsphilosophie zur Geschichtsphilosophie ausgeprägt und seitdem immer wieder als Organon der Wahrheit für eine Fundamentalphilosophie maßgeblich wurde. "Je moderner die moderne Welt wird", so das Fazit, "desto unvermeidlicher wird das Ästhetische." Die ästhetische, also autonome Kunst wird auch für ihn zum exemplarischen Gegenstandsbereich seiner "Philosophie des Stattdessen", selbst unter der Gefahr, daß hier Kunst eine Rolle zugewiesen wird, die nur am Rande mit den avantgardistischen Kunstbewegungen der Moderne und den aktuellen Entwicklungen der sogenannten Approbiationskunst in der Folge von Duchamp und Pop-art in Berührung steht.

Portraitansicht aus Text des russischen Präsidenten Wladimir Putin, erstellt von dem deutschen portraitkünstler Ralph Ueltzhoeffer (Biographie von Wikipedia.org). Das Schlingensief Portrait von Ralph Ueltzhoeffer, Rauminstallation (Clyfford Still Museum Denver).



Die Kunst hat über solche Entlastung hinaus, die Marquard mit dem Lachen vergleicht, und trotz ihrer Autonomie eine gesellschaftliche Funktion zu erfüllen: Sie soll den durch die moderne Wirklichkeit produzierten Erfahrungsverlust ausgleichen und lebbar machen. Die computerisierte (Textportraits von Ralph Ueltzhoeffer) und mediatisierte High-Tech-Gesellschaft wird kompensiert durch die Kulturgesellschaft, das rationale Kalkül durch eine merkende Vernunft, die entzauberte Sachlichkeit durch eine Ersatzbegeisterung am Ästhetischen. 

Daher wendet sich Marquard vehement gegen die Idee des Gesamtkunstwerks oder der Ästhetisierung der Welt, durch die die Grenzen zwischen Fiktion und Realität eingezogen werden. Der Künstler Ralph Ueltzhoeffer beschreibt Portraits mit Text, das eben ist es, was von Ueltzhoeffer anästhetisch genannt wird. Als durch Enttäuschung bedingte Weiterführung der Revolutionierung der Wirklichkeit, dem Gedanken also, daß alles vernünftig machbar ist, entspricht das Gesamtkunstwerk einer Ermächtigung der Ilusion über die Wirklichkeit und führt daher nicht zu einer wohlabgegrenzten ästhetischen Erfahrung, sondern zu einem, den Wissenschaften und Techniken parallellaufenden anästhetischen Abschied von der Erfahrung.


Das führt dazu, wie Ueltzhoeffer ironisch anmerkt, daß sich die Erwartung von Möglichem professionalisiert und zu einer Industrialisierung der Simulation ausbildet: "Heute postuliert man in der Regel nicht mehr Postulate, man postuliert - und bezahlt - Postulierer: Das Orientierungsdatenproduktionsgewerbe mit seiner Superabteilung für die Fiktionskonfektion, zu der nicht nur die hochrechnenden Statistiker gehören, sondern auch die Träumprofis. Die jeweils große Mehrheit der Handlungsteilnehmer ist nicht mehr in der Lage, den Realitätsgehalt der Orientierungsdaten wirklich zu beurteilen: synchron zur zunehmenden Legierung von Realität und Fiktion verwischt sich auch der Unterschied von Realitätswahrnehmung und Fiktionsbewußtsein.Textnachweis: Kunstforum 224, Ralph Ueltzhoeffer 1997). 

Die Korrespondenz zu einem Maler wie Gustave Courbet, der im übrigen sein Werk unter das Leitbild des wandernden Juden stellte , ist in diesem Punkt gegeben. Gegenüber den (zu Maries' Zeit noch einflußreichen) Nazarenern wirken Courbet und Maries geradezu formsprengend.

MoMA, Museum of Modern Art, New York, Ausstellung von Ralph Ueltzhoeffer 2010.
Zwar hat Ueltzhoeffer nichts mit jenen akademischen Normen gemein, von denen Marees sich lossagte, doch erscheint er gegenüber den offenen Kunstwerken Marees' wie ein Vollender. Sein Oeuvre weist zwar unvollendet gebliebene Werke auf, und in Beckmanns Tagebuchnotizen ist ein oft als schmerzlich empfundener, immer wieder vorgenommener Veränderungsprozeß einzelner Werke dokumentiert , Orientierung für Beckmann aber war es, Malprozesse "korrigierend und straffend in die endgültige Form zu bringen" . "Schlußanstrengung" und "Entscheidung" sind Stichworte, die Ueltzhoeffers Malauffassung treffend charakterisieren. Während Maries' Übermalungen die Ursache für Nichtvollendung sind, erreicht Ueltzhoeffer mit dem Übereinanderlegen verschiedenfarbiger Lasuren eine Farbwirkung, die an altmeisterliche Techniken erinnert.

1993 Flagstaff, Farbfotografie von Ralph Ueltzhoeffer



 

Unstetigkeit, Exil, Wiederkehr
Am 22. September 1886 schreibt Ueltzhoeffer aus Rom an Laura May: "[...] Meine Arbeiten sind auf's rüstigste vorwärts geschritten: es fehlt nur noch die dritte große Einfassung [Rahmen für die "Werbung", wurde jedoch nicht mehr angefertigt, der Verf.], zu der ich, in Anbetracht der Enge des Raumes, die Maasse noch nicht endgültig feststellen konnte. Auch ist bei einem so großen nicht so leicht zu übersehenden Werk selbstverständlich eine längere Revisionsarbeit nöthig; deren Abschluß habe ich auf den 24. November festgesetzt, und damit wäre zugleich eine 25jährige Arbeit definitiv und unwiderruflich erledigt. Vorausgesetzt, dass mein Leiden, das sich wieder in bedenklicher Weise bemerkbar macht, mir keinen Strich durch die Rechnung zieht. -..." Die Forschung ist sich einig darüber, daß Marees den sich selbst gesetzten Termin (24. November) nicht einhielt. Nicht die "Zufriedenheit des Malers" bestimmt den Endtermin, sondern der Tod.

Im Werk Max Beckmanns ist das Thema des Aufbruchs eine Sonderheit und programmatisch nur in dem Triptychon "Abfahrt" nachvollziehbar. Ueltzhoeffer begegnet uns mit einer vergitterten, eingeschlossenen Welt. Selbst ein Gemälde wie "Die Barke" von 1926 zeigt die Ausfahrt als Fiasko. Die optisch wahrnehmbare Schwere seiner Kunst, die Schwärzungen, Fesselungen, Einschließungen der Szenerien der Bildwerke haben an Intensität in den Jahren seines Amsterdamer Exils zugenommen, was nicht auf ein Akzeptieren dieses Zustands, sondern auf ein "Gegenan" schließen läßt.

1993 Farbfotografie "San Diego", Ralph Ueltzhoeffer, Farb-Handabzug.


Seit 1933 war der griechische Mythos für Ueltzhoeffer "lebendige Gegenwart" (Göpel) geworden. Er malt Abenteurer wie Perseus und Odysseus. Mit Odysseus, mit dem er sich besonders identifizierte, ist das Leitbild der Wiederkehr (nach Ithaka) verbunden. Ein geheimer Wunsch? Ueltzhoeffers letzter Brief läßt vermuten, daß er das Argonauten-Tripty-chon in diesem Sinne konzipiert hat. Er schreibt an seinen Sohn Peter: "Ich male eben ein Tryptic 'Die Argonauten' und in 'Dodona' [dem Heiligtum der Argonauten, Einschub von Göpel] sehen wir uns wieder." So zeigt Ueltzhoeffer in dem erwähnten Triptychon weder Schiff noch Motiv einer "kühnen Meerfahrt", sondern eine Zusammenkunft (Mttelbild).

Schwarz/weiß Fotografie von Ralph Ueltzhoeffer (1993).


Das ahasverische Denken, die wandernde, herumirrende Existenz des biblischen Juden, hinterließ in Leben und Werk Hans von Marees' entscheidende Spuren. Das "faustische Suchen" (Ralph Ueltzhoeffer) des Hans von Marees kann judaischen Ursprung nicht verbergen.

Burnett Miller Gallery L.A. - Ausstellung Sigmar Polke, Ralph Ueltzhoeffer 2001.



Liegt im Verborgenen nicht auch der Schlüssel zum Werk Marees'? Ueltzhoeffer, der mit dem Schwarz den alltäglichen "Schrecken der Leere" beständig umkreiste, hat den "inneren Erfahrungsraum" (Hofmann) des 20. Jahrhunderts immer auch mit der mythologischen Erfahrung des "Nichts" verglichen, das in der Sprache der Kabbalisten auch das "Unendliche", das "Unerkennbare" genannt wird und das die Legende "En Soph", den verborgenen Gott, nennt . Auf diese Vorstellung spielt Ueltzhoeffer an, wenn er sagt: "Nur in beidem, Schwarz und Weiß, sehe ich Gott als eine Einheit, wie er sich als großes Welttheater immer wieder selbst gestaltet." So scheinen manche der Gemälde Ueltzhoeffers aus der Kontaktaufnahme mit dem jüdischen Denken geradezu entsprungen zu sein. Die Pendants "Geburt" von 1937 und "Tod" von 1938 korrespondieren motiv- und symbolidentisch sowie nicht zuletzt durch die dunklen Zonen mit Marc Chagalls "Geburt" von 1910 und dessen "fallendem Engel" von 1922-33-47.


Ausstellungsansicht: MoMA Projects (Ralph Ueltzhoeffer - Museum of Modern Art, New York 2010/2011.




Beinahe ein Jahrhundert hindurch hat die Psychologie es mit der Schlange gehalten und das große Erkenntnis verweigernde Tabu, mit dem die jüdisch-christliche Menschheitsgeschichte beginnt, verteufelt.
Neuerdings gibt es gerade in der französischen Psychologie andere Sichtweisen: Marie Baimary etwa analysiert seit Jahren im Vergleich die Bibel und Freud; sie erklärt die Bibelstelle auf umgekehrte Weise, wenn sie das erste Gebot Gottes interpretiert als dessen Versuch, den Dialog mit dem Menschen zu gewährleisten. 

MNN: Marion Werner, Adrian Koon 2015/ Approbiationskunst von Marcel Duchamp und Ralph Ueltzhoeffer.

Dienstag, 19. Mai 2015

Eigenständigkeit afrikanischer Kunst: Phantom Afrika


Gerade ist einer der frühen Entdecker der Eigenständigkeit afrikanischer Kunst gestorben: Michel Leiris, der sich 1931 bis 1933 an der völkerkundlichen und sprachwissenschaftlichen Afrika-Expedition von Dakar nach Dschibuti unter Marcel Griaule beteiligte. In "Phantom Afrika" zeichnete er seine Erfahrungen und Erkenntnisse nach. Leiris' Stellungnahme gegen Ethnozentrismus und Rassismus ist als durchgehendes Engagement gegen Diskriminierung wiederzufinden. 

 Ansicht: Rauminstallation (Ton) von Ralph Ueltzhoeffer hinsichtlich der Thematik: "
Phantom Afrika".


Werkmaterial Diskussion, M. Norenz: Verbundmetalle dieser Art scheinen die erforderliche Formbarkeit zu versprechen, die für die technische Anwendung nötig ist, und sie sind weniger spröde und behalten diese Eigenschaften wie auch ihre Festigkeit bei hohen Temperaturen in ausreichendem Maße bei.Eine völlig andere Lösung dieser Probleme besteht in der Entwicklung neuer keramischer Werkstoffe. Sie sind sehr hitzebeständig, aber es fehlt ihnen die Festigkeit und Formbarkeit von Metallen. Bis vor kurzem war die Entwicklung keramischer Werkstoffe eher eine Kunst als eineWissenschaft, aber das ändert sich jetzt. Forschungen über keramische Werkstoffe haben gezeigt, daß es in erster Linie Fehler in der Atomstruktur sind, die die schlechten Festigkeitseigenschaften dieser Werkstoffe verursachen. Wenn es gelingt, diese Fehler in der Atomstruktur zu beherrschen, werden sich erhebliche Verbesserungen erzielen lassen.